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Eine kurze Theorie des Glücklichseins


Veröffentlicht am 04.01.2019, ungefähr 700 Wörter, zum Lesen benötigte Lebenszeit ca. 4 Minute(n).
Tags: #lebenshilfe #essay

Kunst

Ratgeber zum Thema Glücklichsein füllen die Auslagen des Buchhandels. Es scheint also einen nicht geringer Bedarf an guten Tipps zum Thema zu geben.

Doch das ist nicht der Grund für diesen Artikel. Die Gedanken darin sind mir während meiner inneren Einkehr zum Jahreswechsel gekommen.

Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass wir uns Glücklichsein nicht als einen Dauerzustand vorstellen müssen. Den meisten wäre z.B. ein Mensch, der mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht bei einer Beerdigung oder auf einem Schlachtfeld auftaucht, eher verdächtig. Es gibt einfach äußere Umstände, die zumindest der landläufigen Vorstellung vom Glücklichsein zuwiderlaufen.

Viele finden jedoch Glück auch unter normalen und selbst unter “glücklichen” Umständen nicht. Es scheint es mir so, dass wir das Glück aktiv suchen müssen, dass die Rollen als “Arbeitnehmer” und “Konsument”, die uns die Gesellschaft drückt, nicht dazu da sind, unser persönliches Glück zu fördern.

Doch für Gesellschaftkritik ist in diesem Artikel kein Platz.

Lasst uns über Ziele reden.

Ziele

Ein Grund, warum Menschen sich Ziele setzen, ist, dass das Erreichen dieser Ziele Glücksmomente mit sich bringt. Oft speisen sich unsere Wünsche und Ambitionen aus einem empfundenen Mangel, aus einem Unwohlsein, von dem wir uns durch das Setzen und Erreichen von Zielen befreien wollen.

Wie alle wissen, die jemals ein selbst gestecktes Ziel erreicht haben, ist das mit diesem Erreichen verbundene Glück nicht permanent. Das ist auch überhaupt nicht tragisch, denn es gibt eine unendlich große Menge von möglichen Zielen, und wenn wir eines erreicht und den damit verbundenen Glücksmoment genossen haben, können wir uns einfach ein neues setzen.

Aber es gibt einen vielleicht noch wichtigeren Grund, warum das Hinarbeiten auf Ziele eine glückssteigernde Wirkung hat.

Inneres Wachstum durch ambitionierte Ziele

Zumeist steht die Intensität des empfundenen Glücks in einem proportionalen Verhältnis zur Größe des gesteckten Ziels. Morgens aufzustehen und Kaffee zu kochen mag als Ziel zwar vielleicht einen kurzen Moment der Freude auslösen (interessanterweise scheint bei mir allein der Vorgang des Wegstreichens eines noch so trivialen Punktes auf meiner Todo-Liste bereits eine kurze, geringe, aber durchaus spürbare Endorphinausschüttung zu bewirken), doch für einen richtigen Kick braucht es ambitioniertere Ziele.

Ambitionierte Ziele erfordern immer eine Portion Mut. Sonst wären sie nicht ambitioniert. Wer sich daran macht, ein ambitioniertes Ziel zu erreichen, wird mit Ängsten konfrontiert und muss unter Umständen Dinge tun, die er vorher vielleicht nie zu tun gewagt hätte. Er muss gewissermaßen ein anderer Mensch werden.

Während solcher Transformationsprozesse erleben wir uns selbst und die Welt intensiver. Das Glück, dass ich empfinde, wenn ich mich einer alten Angst gestellt und Mut bewiesen habe, ist um vieles größer als das Glück, dass ich empfinde, wenn ich es morgens schaffe, meine Espressomaschine zu bedienen.

Im Hinblick auf das Glücklichsein lohnt es sich also, “nach Höherem zu streben”. Nicht unbedingt um des unmittelbaren Zieles, sondern vor allem um eines intensiveren Lebens Willen.

Gibt es permanentes Glück vielleicht doch?

Aber offenbar gibt es noch eine dritte Quelle des Glücks.

Wenn man den unzähligen weisen Männern und Frauen glauben schenkt, die uns seit Tausenden von Jahren ermahnen, unser Glück im Erkennen des perfekten Wesens zu suchen, das wir in unserem tiefsten Innnern bereits sind, ganz gleich, welchen Mangel wir auf anderen Ebenen spüren, dann gibt es in uns eine Quelle des Glücks, die uns nicht erst bei Erreichen eines großen äußeren Ziels, nicht nur in den exaltierten Momenten großer Wagnisse und Transformationen, sondern immer, während jeder Sekunde unseres Lebens zur Verfügung steht.

Wie erkennt man diese innere Quelle des Glücks? Nun, ich würde mich nicht gerade als erleuchtet bezeichnen, aber einige Ideen dazu habe ich - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - schon.

Sei aufmerksam

Schau öfter mal nach innen

Suche Orte abseits des Mainstreams

Suche die Gemeinschaft und auch die Einsamkeit

Beschäftige Dich mit komplexen Themen

Jeder dieser Punkte wäre einen eigenen Artikel wert, aber dann wäre dies hier keine kurze Theorie des Glücks mehr, sondern eine lange. Dann sollte ich vielleicht auch einen Ratgeber schreiben, der dann die Auslagen des Buchhandels verstopft.

Stattdessen möchte ich einfach allen, die sich für 2019 größere, kleinere oder gar keine Ziele gesetzt haben, viel Glück wünschen.

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